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Europäischer Rat - Internationales Übereinkommen zur Pandemieprävention und ‑vorsorge

Europäischer Rat – Internationales Übereinkommen zur Pandemieprävention und ‑vorsorge

Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus und Charles Michel sprachen sich für einen internationalen Pandemievertrag aus.

Warum ein internationales Pandemie-Instrument?

Die COVID‑19-Pandemie ist eine globale Herausforderung. Keine einzelne Regierung oder Organisation kann die Bedrohung durch künftige Pandemien alleine bewältigen.

Ein Übereinkommen, eine Vereinbarung oder ein anderes internationales Instrument ist völkerrechtlich rechtsverbindlich. Ein Übereinkommen zur Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion unter dem Schirm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) würde es Ländern auf der ganzen Welt ermöglichen, ihre nationalen, regionalen und globalen Kapazitäten sowie ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Pandemien zu stärken.

Ein solches Instrument würde auch:

  • ein stärkeres, nachhaltiges und langfristiges politisches Engagement auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs der Welt gewährleisten
  • klare Verfahren und Aufgaben festlegen
  • langfristige öffentliche und private Unterstützung auf allen Ebenen ausweiten
  • die Integration von Gesundheitsfragen in allen relevanten Politikbereichen fördern

Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem alle Wissenschaftstreibenden, im Gesundheitswesen tätigen Personen und Regierungen sich für ein gemeinsames Ziel zusammenschließen können, um neue Lösungen zu entwickeln, damit wir das schützen können, was am wertvollsten ist: unsere Gesundheit und unser Leben.

Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel auf dem Weltgesundheitsgipfel, 25. Oktober 2021

Wozu dient ein internationales Pandemieübereinkommen?

Der Vorschlag für ein internationales Instrument zur Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion beruht auf dem Geist der kollektiven Solidarität, der in den Grundsätzen der Fairness, Inklusivität und Transparenz verankert ist.

Weder einzelne Regierungen noch die Weltgemeinschaft können Pandemien vollständig verhindern. Die internationale Gemeinschaft muss jedoch noch viel besser auf mögliche künftige Pandemien vorbereitet sein und während des gesamten Erkennungs-, Warn- und Reaktionszyklus noch koordinierter handeln.

Mit dem Instrument würden die Ziele und Grundprinzipien festgelegt, um die notwendigen kollektiven Maßnahmen zur Bekämpfung von Pandemien zu strukturieren.

Mit einem internationalen Übereinkommen, einer Vereinbarung oder einem anderen internationalen Pandemie-Instrument würden folgende Bereiche schwerpunktmäßig gefördert:

  • Früherkennung und Prävention von Pandemien
  • Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Pandemien
  • Reaktion auf künftige Pandemien, insbesondere durch Gewährleistung eines universellen und gleichberechtigten Zugangs zu medizinischen Lösungen wie Impfstoffen, Arzneimitteln und Diagnostika
  • ein stärkerer internationaler Rahmen für den Gesundheitsbereich mit der WHO als koordinierender Behörde für globale Gesundheitsfragen
  • das Konzept „Eine Gesundheit“, bei dem die Gesundheit von Menschen, Tieren und unserem Planeten miteinander verbunden werden

Konkret kann ein solches Instrument die internationale Zusammenarbeit in einer Reihe vorrangiger Bereiche wie Überwachung, Warnungen und Reaktion, aber auch allgemein das Vertrauen in das internationale Gesundheitssystem stärken.

Was sind die wichtigsten möglichen Anreize und Vorteile?

Bessere Überwachung von Pandemierisiken

Die Überwachung von Risiken und insbesondere der Wissensaustausch über neue Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden, sind für die Prävention künftiger Pandemien von entscheidender Bedeutung.

Dies könnte durch Folgendes erreicht werden:

  • erhöhte Labor- und Überwachungskapazitäten zur Ermittlung von Tierseuchen in allen Ländern
  • verbesserte Zusammenarbeit zwischen Forschungszentren weltweit
  • bessere Koordinierung der internationalen Finanzierung von Kernkapazitäten

Besseres Warnsystem

Die Einführung von mehr Warnstufen, die dem Ausmaß der Gesundheitsbedrohungen entsprechen, würde es ermöglichen, dass Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit präziser kommuniziert werden. Dies würde die Transparenz und Legitimität restriktiver oder gesundheitsbezogener Maßnahmen erhöhen.

Mit digitalen Technologien und innovativen Instrumenten für die Erfassung und den Austausch von Daten sowie mit Vorhersageanalysen können die Echtzeit-Kommunikation sowie Frühwarnungen unterstützt werden, was wiederum eine raschere Reaktion ermöglichen dürfte.

Bessere Reaktion

Medizinische Versorgung und Dienstleistungen

Wie die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, müssen die globalen Lieferketten und Logistiksysteme widerstandsfähiger gegenüber weltweiten Gesundheitsbedrohungen sein. Alle Länder sollten einen ununterbrochen Zugang zu wesentlichen Gütern, Arzneimitteln und Ausrüstungen von überall auf der Welt haben.

Eine weltweite Koordinierung für eine wirksame Bevorratung könnte auch die Reaktion auf die Pandemie erleichtern. Die Fähigkeit, medizinische Ausrüstung und hochqualifizierte internationale medizinische Teams vor Ort einzusetzen, wäre ebenfalls ein Fortschritt für die globale Gesundheitssicherheit.

Forschung und Innovation

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Wissenschaftsgemeinschaft schnell handelt und die Industrie ihre Produktionskapazitäten rasch ausbauen kann.

Ein weltweit koordiniertes Vorgehen für die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung wirksamer und sicherer medizinischer Lösungen wie Impfstoffe, Arzneimittel, Diagnostika und Schutzausrüstungen würde der gemeinsamen Gesundheitssicherheit zugutekommen.

Der Austausch von Krankheitserregern, biologischen Proben und Genomdaten sowie die Entwicklung zeitnaher medizinischer Lösungen (Impfstoffe, Behandlungen und Diagnostika) sind für die Verbesserung der weltweiten Pandemievorsorge von entscheidender Bedeutung.

Bessere Reaktionsmechanismen

Ungleichheiten beim Zugang zu Impfstoffen, Arzneimitteln und Diagnostika bergen das Risiko, dass Pandemien länger andauern und das Leben und die Gesundheit der Menschen sowie unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften stärker gefährdet werden.

Das Übereinkommen würde auf den Erfahrungen mit dem Zugang zu Instrumenten für die Bekämpfung von COVID-19 (ACT-Accelerator), der COVAX-Fazilität und anderen seit Beginn der COVID-19-Pandemie entwickelten Instrumenten aufbauen, um bei künftigen Pandemien eine ausgewogenere Reaktion auf die globalen Bedürfnisse zu gewährleisten.

Bessere Umsetzung

Die Widerstandsfähigkeit der nationalen Gesundheitssysteme ist ein wesentliches Element bei der Pandemiebekämpfung. Die Länder müssen sich auf ihre öffentlichen Gesundheitssysteme verlassen können, um wirksam auf den Ausbruch einer Pandemie reagieren zu können. Dies könnte durch einen robusteren Mechanismus für die länderspezifische Berichterstattung sowie durch eine stärker verbreitete Nutzung gemeinsamer externer Evaluierungen und bessere Folgemaßnahmen erreicht werden.

Wiederherstellung des Vertrauens in das internationale Gesundheitssystem

Das Übereinkommen würde im internationalen Gefüge für mehr Transparenz, Rechenschaftspflicht und gemeinsame Verantwortung sorgen.

Zudem würde es die Grundlage für eine bessere Kommunikation und Information gegenüber den Bürgerinnen und Bürger schaffen. Falschinformationen untergraben das Vertrauen der Öffentlichkeit und stellen eine Bedrohung für die Reaktionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit dar. Um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, sollten konkrete Maßnahmen vorgesehen werden, mit denen der Fluss zuverlässiger und genauer Informationen gefördert und Falschinformationen weltweit bekämpft werden sollen.

Arbeiten im Rat

Die Weltgesundheitsorganisation

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde 1948 mit dem Mandat gegründet, als leitende und koordinierende Behörde für die internationale Arbeit im Gesundheitsbereich zu handeln. Mit 194 Mitgliedsstaaten in sechs Regionen und mehr als 150 Büros setzt sie sich für eine bessere Gesundheit für alle Menschen weltweit ein.


Der Rat hat am 20. Mai 2021 einen Beschluss angenommen, mit dem die Aufnahme von Verhandlungen über ein internationales Übereinkommen zur Pandemiebekämpfung im Rahmen der WHO unterstützt wird.

Der Rat hat am 3. März 2022 einen Beschluss angenommen, mit dem die Aufnahme von Verhandlungen über eine internationale Übereinkunft über Pandemieprävention, ‑vorsorge und ‑reaktion genehmigt wird.

Die Kommission handelt in Angelegenheiten im Zuständigkeitsbereich der Union das Abkommen im Namen der EU auf der Grundlage der Verhandlungsrichtlinien des Rates aus.

Ein solches Instrument würde die internationalen Bemühungen zur Stärkung der globalen Gesundheitssicherheit im Lichte der Lehren aus der Pandemie, insbesondere in Bezug auf die Vorsorge und Reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, unterstützen.

Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 25. März 2022 haben die Führungsspitzen der EU eine Bilanz der Fortschritte in Bezug auf das künftige Instrument zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion gezogen, das im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angenommen werden soll.

Hintergrund

Der Vorschlag für einen internationalen Pandemievertrag wurde erstmals vom Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, im November 2020 auf dem Pariser Friedensforum angekündigt.

Charles Michel

Wir müssen weitere Schritte unternehmen und die Lehren aus der Pandemie ziehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir fähig sind, schneller und koordinierter zu handeln, dafür zu sorgen, dass medizinische Ausrüstung verfügbar ist, und sehr schnell Informationen auszutauschen, um unsere Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen.

Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, auf dem Pariser Friedensforum, 12. November 2020

Dieser Aufruf zu einem internationalen Pandemievertrag wurde auch von den Staats- und Regierungschefs der G7 in ihrer Erklärung vom 19. Februar 2021 hervorgehoben.

Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G7, 19. Februar 2021

Die EU-Führungsspitzen haben am 25. Februar 2021 vereinbart, an einem internationalen Pandemievertrag zu arbeiten.

Wir sind entschlossen, die globale Gesundheitssicherheit zu fördern, unter anderem durch die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation und durch die Arbeit an einem internationalen Pandemievertrag in deren Rahmen.

Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates, 25. Februar 2021

Die 194 WHO-Mitglieder haben am 31. Mai 2021 auf der Weltgesundheitsversammlung den Beschluss gefasst, auf einer Sondersitzung mit Beginn am 29. November 2021 einen neuen internationalen Pandemievertrag zu erörtern.

Am 1. Dezember 2021 haben sich die 194 Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) auf den Beginn des Prozesses der Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, einer Vereinbarung oder eines anderen internationalen Instruments im Rahmen der Satzung der Weltgesundheitsorganisation zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion geeinigt.

Für die Arbeiten an den Verhandlungen wurde ein zwischenstaatliches Verhandlungsgremium eingesetzt. Parallel zu den Verhandlungen über das Pandemieübereinkommen beraten die Regierungen auch über Änderungen an den Internationalen Gesundheitsvorschriften.

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